Bis mein Kind erwachsen ist…

Bis mein Kind erwachsen ist

„Kinder kriegen ist nicht schwer, Kinder haben dagegen sehr.“ Kennst du auch dieses Sprichwort? Es ist schon etwas Wahres dran, denn Kinder in ihrer Entwicklung und auf ihrem Weg zu begleiten ist nicht immer leicht.

In meiner Ausbildung zum zertifizierten Familiencoach habe ich einen guten Weg gelernt, damit es für Eltern leichter ist in der Erziehung „auf Kurs“ zu bleiben: Eltern sollen sich überlegen, was ihr Kind beim Auszug aus dem Elternhaus können soll. Welche Ziele haben die Eltern für ihr Kind, wenn es erwachsen ist? Vielleicht soll es

  • kochen, Wäsche waschen und putzen können,
  • freundlich gegenüber allen Menschen sein,
  • ehrlich sein, auch wenn es manchmal schwer fällt,
  • sich seiner Fähigkeiten und Stärken sicher sein,
  • respektvoll mit allen Lebewesen umgehen, ob groß oder klein, Mensch, Tier oder Pflanze,
  • „Nein“ sagen können und für sich einstehen können,
  • wissen, dass es alles schaffen kann, wenn es sich genügend anstrengt oder
  • wissen, dass es wichtig ist, Träume und Ziele zu haben.

Dies sind ein paar Beispiele und dir fallen bestimmt auch sofort manche Dinge ein, die dir für dein Kind wichtig sind.

Jeder Mensch ist individuell. So auch jeder Elternteil und jedes Kind. Alle haben eigene Fähigkeiten, Interessen, Stärken, Schwächen, Wünsche, Träume, Ziele und Bedürfnisse. In einer Familie ist es daher nicht möglich, immer allen gerecht zu werden. „Bei uns muss jeder mal warten“, sagte mir eine  Freundin und Mutter von vier Kindern dazu einmal. Das ist auch völlig in Ordnung, verständlich und für jedes Familienmitglied auszuhalten. Dabei ist es für Eltern nicht immer leicht, während der Entwicklung ihres Kindes konsequent zu bleiben. Jeder von uns hat mal einen schlechten Tag, ist genervt, müde oder krank. Dann fallen Entscheidungen schon mal anders aus als normalerweise und schon ist man vom Weg abgekommen. Natürlich kann das auch schnell passieren, wenn sich Eltern nicht einig sind. Die Mutter sagt „Nein“ und der Vater sagt „Ach, komm schon, doch klar darf sie.“ Sind sich beide Elternteile über das Ziel bewusst und einig, ist auch der Weg dahin völlig klar.

Als Erzieherin weiß ich allerdings auch, dass es für Eltern teilweise unvorstellbar ist, so früh, wenn ihr kleines Kind noch so jung und von ihnen abhängig ist, schon festzulegen, was es können soll, wenn es auszieht – das ist ja noch so weit weg. Der Auszug. Das Kind erwachsen. Sie wollen die Zeit mit ihrem Kind genießen und erstmal gemeinsam erleben, bevor ihr Liebling in die Welt zieht. Manche Eltern können sich schon kaum vorstellen, dass ihr Kind bald in die Schule gehen wird und den Schulweg alleine meistern soll. Daher habe ich die Variante der Ziele noch etwas unterteilt:

  • Was soll mein Kind können, wenn es in die Schule geht?
  • Was soll mein Kind können, wenn es auf die weiterführende Schule geht?
  • Was soll mein Kind können, wenn es auszieht?

Was soll mein Kind können, wenn es in die Schule geht?

Der Eintritt in die Schule ist ein großer Schritt. In der Krippe und der Kita wird viel mit den Erzieher*innen gesprochen und der Austausch zwischen den Eltern und den Aufsichtspersonen des Kindes ist hoch. In der Kita bringen Eltern ihr Kind in das Gebäude, an die Garderobe und in den Gruppenraum. Sie sehen, wo ihr Kind den Tag verbringt und können beim Abholen manchmal das Tagewerk bestaunen, wie Gemaltes und Gebasteltes. Zudem ist immer eine Bezugsperson des Kindes vor Ort, die berichten kann, was das Kind heute so gemacht hat. In der Schule ändert sich das. Das Kind geht alleine in das Schulgebäude und kommt meistens alleine nach Hause (es wird zumindest nicht vor dem Klassenraum abgeholt). Natürlich sind die Lehrkräfte vor Ort und auch anhand der Schulmaterialien lässt sich sehen, was das Kind gemacht hat. Doch der Einblick in die Welt des Kindes ist kleiner als vorher. Das ist in Ordnung, denn das Kind ist älter und selbstständiger und kann die neue Welt der Schule selbstständig meistern. Dies gelingt dann besonders gut, wenn die Eltern ihr Kind und sich darauf vorbereiten. Was soll mein Kind können, wenn es in die Schule geht?

  • Den Schulweg kennen und sicher laufen können.
  • Die Straßenverkehrsregeln sicher wissen.
  • Nicht mit Fremden reden und mitgehen.
  • Direkt nach Hause kommen, wenn die Schule zu Ende ist.
  • Die Telefonnummer von Zuhause auswendig kennen.
  • Die Lehrer*innen grüßen.
  • Wissen, welche Kleidung ihm gehört.

Dies sind ein paar Beispiele, die du gerne übernehmen und erweitern darfst.

Was soll mein Kind können, wenn es auf die weiterführende Schule geht?

Nach der Grundschule folgt die weiterführende Schule und oft müssen Kinder diese mit dem Bus oder der Bahn erreichen. Für viele Kinder ist es das erste Mal, dass sie alleine mit einem öffentlichen Verkehrsmittel unterwegs sind, auch wenn vielleicht noch Freunde mit dabei sind. Die weiterführende Schule ist größer als die Grundschule mit mehr Menschen und diese sind zu Beginn auch noch alle älter. Dort gibt es Jugendliche, manche sehen bereits wie Erwachsene aus. Das kann einschüchternd sein für ein circa 10jähriges Kind. Daher finde ich wichtig, diesen Schritt als Eltern zu berücksichtigen und die nächsten Ziele für dieses Etappe in der Entwicklung festzulegen. Diese könnten zum Beispiel sein:

  • Mein Kind kennt den Weg zur Schule mit den öffentlichen Verkehrsmitteln.
  • Mein Kind weiß, an wen es sich wenden kann, wenn es Probleme hat oder Hilfe braucht.
  • Mein Kind ist freundlich und höflich (es „pöbelt“ keine älteren Mitschüler frech an).
  • Mein Kind sagt selbstständig den Eltern Bescheid, wenn es sich verspätet (wenn sich der Bus verspätet oder ähnliches).

Was soll mein Kind können, wenn es auszieht?

In der dritten Etappe geht es dann tatsächlich um den Auszug des Kindes. Was soll dein Kind können, wenn es das Zuhause verlässt? Es ist die Zeit nach der Schule und das Kind ist mittlerweile eine junge erwachsene Person. Das Kind hat viel gelernt, sich entwickelt, wurde begleitet und unterstützt. Nun ist die Zeit gekommen, den Schritt in das Leben außerhalb des Elternhauses zu gehen. Mit den passenden Etappen konnten beide Elternteile ihr Kind gut und sicher auf diese Zeit und diesen neuen Lebensabschnitt vorbereiten. Auch wenn es für viele Eltern schwierig ist, das eigene Kind ziehen zu lassen, wissen sie ja, dass sie die beiden vorigen Etappen auch geschafft haben und es hat geklappt. Das Kind ist in die Grundschule gekommen, das Kind ist auf die weiterführende Schule gegangen und nun darf es den nächsten Schritt machen. Die Eltern haben ihr Kind mit ihren Zielen gut darauf vorbereitet. Für den Auszug und das Leben als Erwachsene könnte es folgende Ziele geben:

  • Mein Kind ist freundlich, höflich und respektvoll zu anderen Menschen.
  • Mein Kind weiß wie ein Haushalt geführt wird und kann grundsätzlich putzen, waschen und kochen.
  • Mein Kind ist ehrlich und kann zu Fehlern stehen.
  • Mein Kind weiß, was ihm gut tut.
  • Mein Kind kann mit Geld umgehen.
  • Mein Kind kann um Hilfe bitten, wenn es welche braucht.
  • Mein Kind weiß, dass gesunde Ernährung wichtig ist.

Was noch wichtig ist

Die Ziele, die die Eltern festlegen haben nichts mit den Interessen, Stärken und Schwächen des Kindes zu tun. Es sind allgemeine Dinge und keine individuellen. Keine Mutter und kein Vater kann wissen, welche schulischen Leistungen das Kind erbringen wird und daher sollten sie als Ziel nicht „Abitur und Studium“ festlegen. Das macht dem Kind und den Eltern zu viel Druck. Ebenso ist das Ziel „liebende Mutter sein“ für die Tochter unangebracht, denn vielleicht möchte die Tochter keine Kinder bekommen oder kann es im schlimmsten Fall nicht – dann ist dieses Ziel eine Qual für alle.

Die Ziele sollten so formuliert sein, dass sie in jede Form der individuellen Entwicklung passen. Unabhängig davon, ob das Kind früh die Schule beendet und einen handwerklichen Beruf erlernt oder ein Studium abschließt. „Freundlichkeit und ein respektvoller Umgang mit Menschen“ ist ein Ziel, welches das Kind in jeder Schulform und in jedem Arbeitsfeld brauchen kann.

Eltern sollen dem Kind auch keine eigenen Träume oder Wünsche als Ziel vorgeben. Wenn die Mutter nicht Primaballerina werden konnte, ist das Ziel für ihr Kind „Primaballerina werden“ der Wunsch der Mutter und nicht der des Kindes. Es ist nicht der Sinn, dass das Kind die unerfüllten Ziele der Eltern erfüllt. Der Sinn ist es, dass die Eltern ein Ziel vor Augen haben, woran sie sich orientieren können, während der spannenden Zeit in der ihr Kind älter wird und immer mehr eine eigene Persönlichkeit entwickelt. Diese Ziele sollen den Eltern helfen, ihr Kind auf das Leben so gut wie möglich vorzubereiten und dafür sorgen, dass Mutter und Vater genau wissen, was sie sich für ihr Kind wünschen. Dies hilft besonders in den verschiedenen Entwicklungsphasen beiden Elternteilen als Orientierung, das sie so wissen, wohin die Reise geht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

%d Bloggern gefällt das: