Die Welt in der Kinder Vorfahrt haben

„Fass mich lieber an!“
„Guck genau, bevor du über die Straße gehst!“
„Pass auf, da kommt ein Auto!“
„Los, die Ampel zeigt grün!“
„Achtung, da vorne ist die Straße!“
Die Welt, in der Kinder keine Vorfahrt haben
Wie oft haben wir Eltern Angst um unsere Kinder, wenn sie draußen sind? Ständig? Oft? Dauernd?
Mir ging es jedenfalls so, als meine Jungs noch kleiner waren und auch teilweise jetzt noch. Die Autofahrer, die (zu) schnell fahren, die unter Zeitdruck sind oder einfach abgelenkt – wie schnell kann da etwas passieren. Und was passiert, wenn ein Kind mit einem fahrenden Auto in Kontakt kommt, möchte ich hier wirklich nicht schreiben.
Was machen wir Eltern also? Wir zeigen unseren Kindern wie sie sich im Straßenverkehr zu verhalten haben. Immer und immer wieder. Klar, durch Wiederholung lernen wir Menschen nun mal. Die Kinder machen auch meistens gerne mit, denn das Ziel, irgendwann alleine gehen zu dürfen, ist sehr reizvoll.
Vielleicht weißt du das ja noch von dir? Wie es war, als du alleine zum Bäcker gehen durftest? Oder zur Freundin, eine Straße weiter? Oder von der Schule nach Hause? Ein tolles Gefühl! Stolz! Jetzt bin ich groß!
Dein Kind kann es irgendwann: es weiß, dass es erst in beide Richtungen gucken muss, bevor es über die Straße geht, es nutzt die Fußgängerampel oder den Zebrastreifen, wenn vorhanden, es läuft auf dem Bürgersteig und zwar an der Innenseite. Du bist stolz auf dein Kind und möchtest ihm die Freiheit geben, dass es alleine gehen darf.
Doch da kommt immer wieder diese Angst, dieser Zweifel. Nicht wegen deines Kindes – NEIN, dein Kind macht es ganz wunderbar! Die Autofahrer. Die anderen Straßenverkehrsteilnehmer. Sie könnten zu schnell fahren. Sie sehen dein Kind nicht. Sie rasen noch schnell bei gelb über die Ampel. Sie bleiben am Zebrastreifen nicht stehen. Sie sind abgelenkt oder im Stress.
Ja, auch sie müssen mal langsamer fahren wie in 30er Zonen, in Spielstraßen oder wenn ein Schild „Achtung, spielende Kinder!“ zeigt. Ja, dann müssen sie. Sie wollen nicht. Das ist ein großer Unterschied. Sie fahren dann langsamer, weil sie keine Strafe haben wollen, wenn sie sich nicht an die Straßenverkehrsregeln gehalten haben. Sie fahren nicht langsamer, weil ihnen die Kinder wichtig sind, weil sie wissen, wie ein spielendes Kind denkt oder sie sich freuen, die Kinder beim Spielen zu sehen. Nein.
Die Welt, in der Kinder Vorfahrt haben
Es gibt eine Welt, in der Kinder tatsächlich Vorfahrt haben! In dieser Welt dürfen Autos nur Schritttempo fahren. Am besten parken sie sogar vor dieser Welt.
Kinder fahren auf der Straße Fahrrad, Roller, Inliner, Kettcar, Laufrad, Dreirad. Sie spielen fangen, Ball, mit dem Flugzeug, malen mit Kreide, rennen, springen Springseil, und vieles mehr.
Hier warten die Autofahrer. Sie fahren tatsächlich hinter dem Kind her – egal wie schnell oder langsam das Kind fährt. Ohne zu hupen. Ohne zu überholen. Einfach so. In Ruhe.
Manche winken dann noch oder grinsen das Kind an.
Kommt ein Kind total schnell mit seinem Fahrzeug angefahren, egal ob es laut Straßenverkehrsregeln Vorfahrt hat oder nicht, bremsen die Autofahrer und lassen das Kind meistens sogar noch vor.
Hier fahren sogar junge Kinder frei herum.
Die Eltern haben keine Angst. Sie gehen gemütlich und entspannt hinterher, je nach Alter des Kindes etwas langsamer oder schneller. Ohne das Kind ständig zu ermahnen oder an die Regeln zu erinnern.
Ich liebe diese Welt.
Und hätte sie gerne viel mehr in unseren Städten und Dörfern. Stell dir das doch mal vor: in deinem Ort, wo du lebst, haben die Kinder Vorfahrt! Was das verändern würde…
Ach ja, du möchtest bestimmt wissen, wo diese Welt ist.
Die Welt, in der Kinder Vorfahrt haben heißt: Campingplatz.
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