Schulweg oder Abenteuerreise?

Schulweg oder Abenteuerreise?

„Mama, ich kann jetzt noch nicht nach Hause kommen… ich spiele noch!“ Schulschluss war allerdings schon vor über 30 Minuten…

Du arbeitest am Vormittag, kochst Zuhause das Mittagessen und freust dich, mit deinem Kind zusammen zu essen. Das Essen ist pünktlich fertig, dein Schulkind hat schließlich Hunger, wenn es nach Hause kommt. Wenn es nach Hause kommt. Denn das tut es nicht? Nein, der Weg nach Hause ist einfach zu interessant. Was es da alles zu entdecken gibt: Steine, Tiere, andere Menschen, Autos, Geräusche, den Kaugummiautomaten. Und zu erledigen gibt es auch eine Menge: auf dem Bordstein oder Mäuerchen balancieren, mit dem gefundenen Stein auf dem Boden malen, die Arme ausbreiten und sich mit dem Schulranzen auf dem Rücken drehen bis man ins Strudeln kommt, mit der besten Freundin/ dem besten Freund fertig quatschen, die Jacke im Ranzen verstauen, über den Bach springen, die Fußgängerampel drücken und schnell weglaufen, Karten tauschen, Verabredungen für Nachmittags treffen.

Kommt dir davon etwas bekannt vor? Hast du vielleicht bei dem einen oder anderen geschmunzelt, weil du das kennst?

Mein Sohn ist sieben Jahre alt, in der ersten Klasse und er schafft es einfach nicht nach der Schule nach Hause zu kommen. Er hat noch zu tun auf seiner Abenteuerreise. Wie finde ich das als Mutter, die das Essen frisch gekocht hat? Ehrlich gesagt, bin ich da wirklich hin und her gerissen. Natürlich möchte ich, dass er nach Hause kommt und zwar direkt. Einmal von oben bis unten angucken, ist noch alles dran: 10 Finger, 10 Zehen? – den Rest kann man abwaschen. Mittagessen, Hausaufgaben, dann darf er gerne wieder los.

Andererseits finde ich es toll, dass er so viel entdeckt auf seinem Weg. Steine, die für ihn Goldschätze oder Fossilien sind. „Die sind ganz wertvoll!“ Ich finde es wunderbar, dass er mit seinem Freund draußen spielt – am liebsten springen sie über den Bach und klettern Bäume hoch. Was sieht er dann aus… ein richtiger Lausbub. Das ist gut, das ist gesund. Er soll ja nicht keine Freunde haben oder nicht nicht draußen spielen. Nur bitte nach dem Essen und den Hausaufgaben.

Was tun?

Strafen androhen oder Konsequenzen durchsetzen, die weder dein Kind dazu bringen, nach der Schule direkt nach Hause zu kommen oder dir gut tun, bringen gar nichts.

Ich habe meinen Kind eine dieser Uhren besorgt, mit welcher er mit mir telefonieren kann. So kann ich ihn anrufen und fragen, wo er ist. Auch er kann mich anrufen und mir sagen, dass er noch „Ich spiele noch 15 Minuten und dann komme ich! Tschüss!“ Das ist schon mal gut, denn so kann ich ihn erreichen, rausfinden, wo er ist und mich mit ihm absprechen.

Mittlerweile mache ich es so, dass ich mit unserem Hund kurz spazieren gehe und meinen Sohn auf dem Weg einfach abhole. Manchmal sehr pünktlich, wenn wir nachmittags noch etwas vorhaben, manchmal etwas später, dann hat er mehr Zeit fürs Entdecken.

Wie so vieles ist auch dies etwas, was vermutlich viel zu schnell vorbei gehen wird. Schon jetzt lachen wir herzhaft, wenn wir uns die Bilder anschauen, die ich manchmal mache, wenn er auf seiner Abenteuerreise ist. Wie der Schulranzen seines besten Freundes und seiner direkt nebeneinander am Straßenrand stehen; wie er im Baum sitzt; wie er über den Bach springt, der eine Schuh schon nass; wie er total cool den Weg entlangschlendert, mit seinem Ranzen auf dem Rücken, der Brotbox in der Hand die Reste vom Frühstück essend…

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